Dr. Hadya Nassan-Agha-Schroll Psychiatrische Rehabilitation

Angst einordnen & Erste Hilfe bei Angst

Was ist „normale“ Angst?
Angst ist ein Gefühl, das zu uns gehört wie Freude, Wut oder Lust. Als Warn- und Alarmsignal hilft die Angst – ähnlich wie der Schmerz – auf Bedrohungen aufmerksam zu machen. Nur wenn man eine Gefahr erkennt, kann man sie auch bewältigen. Darum ist die Angst lebensnotwendig und zunächst einmal etwas Positives.

Was ist „krankhafte“ Angst?
Nicht jede Befürchtung ist gleich eine krankhafte Angst: Es ist wichtig, normale Alltagsängste von krankhaften Ängsten zu unterscheiden. Eine solche krankhafte Angst, die man in der Medizin als Angststörung bezeichnet, ist vor allem gekennzeichnet durch:

  • Immer längere Dauer und immer häufigeres Auftreten entsprechender Angstzustände.
  • Die Unfähigkeit, diese Angstzustände auf Dauer durch eigene Anstrengungen zu überwinden.
  • Unangemessene Angstzustände, d. h. die Lebensbedingungen können diese Angstzustände nicht erklären.

Die Ursachen von Angst sind je nach Persönlichkeit sehr individuell: Sie können in der Erziehung, negativen Erfahrungen, mangelndem Selbstvertrauen u.v.m. liegen. Bei vielen Betroffenen erzeugt die Angst körperliche Symptome wie muskuläre Anspannung, zittern, schwitzen, Atemnot, Beklemmungsgefühle bis hin zu Schwindel, Ohnmacht oder Herzrhythmusstörungen etc. Betroffene ziehen sich auch häufig im Alltag zurück oder reagieren mit Überkompensation (in Beruf, Beziehung, Sport, …) bzw. versuchen manchmal sich selbst mit Genussmitteln (Alkohol, Nikotin), Medikamenten (Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmittel) oder Drogen (Haschisch/Marihuana usw.) zu behandeln.

Keine Scheu, sich helfen zu lassen
„Wichtig ist, dass Betroffene, Hilfe in Anspruch nehmen“, betont Dr. Nassan-Agha-Schroll. Das kann im ersten Schritt sein, dass man sich einer nahestehenden Person anvertraut. In weiterer Folge kann man auch das Gespräch mit einem:einer Experten:Expertin aus den Bereichen Psychotherapie und/oder Klinischer und Gesundheitspsychologie suchen, um Empfindungen einzuordnen, Orientierung zu finden und Behandlungsmöglichkeiten kennenzulernen. „Ängste und die Reaktionen darauf sind sehr individuell. Dementsprechend muss auch die Behandlung von Angststörungen immer auf die jeweilige Situation angepasst erfolgen. Das können langfristige Maßnahmen sein, aber auch praktische Anleitungen, die man kurzfristig selbst anwenden kann“, so Dr. Nassan-Agha-Schroll. Kommt die Angst im Alltag hoch, gibt es z.B. nachfolgende Möglichkeiten, mit denen man versuchen kann, das/dem aufkommende/n Gefühl zu begegnen/zu handeln/abzuschwächen/zu kontrollieren.

Erste Hilfe-Maßnahmen bei Angst

  • Atemübung: Atmen Sie etwas tiefer ein als gewöhnlich und atmen Sie in einer Bewegung wieder aus (ohne den Atem nach dem Einatmen anzuhalten). Nach dem Ausatmen den Atem für 6-10 Sekunden anhalten und wieder einatmen. 2-3 Minuten oder so lange bis Sie deutlich entspannt sind.
  • Nüsse essen, Kaugummi kauen: Kauen baut Stress ab, reduziert die Angst.
  • Kaltes Wasser trinken
  • Sich mit jemanden unterhalten bzw. jemanden anrufen: Sozialkontakt gibt Sicherheit!
  • Gummiband am Arm: Bei Angst dieses leicht schnalzen lassen, leichter Schmerz.
  • Singen - laut, falsch und mit Begeisterung! Wer laut singt, stützt die Stimme automatisch mit Bauchatmung. Wer falsch singt, muss sich entweder darauf konzentrieren, bewusst falsch zu singen oder ärgert sich, dass er den Ton nicht trifft – beide Optionen lassen der Angst keine Chance! Wer mit Begeisterung singt, hat Spaß, Freude oder irgendeine andere positive Emotion, die Angst verschwinden lässt!
  • Ampelübung: Alle Muskeln des Körpers ca. 10-15 Sekunden anspannen und entspannen. Mehrmals wiederholen oder progressive Muskelentspannung nach Jacobsen.
  • Bewegung: Schnell umhergehen, Stresshormone und Anspannung werden abgebaut.

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